Komm, wir finden einen Schatz…

06.09.2023 Historisches

Eine alte Kiste, seit rund 30 Jahren versiegelt. Darin: Familienerbstücke, altes Spielzeug, Feldpost, Dokumente. Und eine weitere Kiste. Diese ist aus Metall, abgeschlossen und trägt den Titel „Landesbank Posen“. Was hat es damit auf sich?

Das fragte sich auch Ilsedore Beckendorf aus der Sparkasse Celle. Als man in der Geschäftsstelle am Schlossplatz die Schließfächer erneuern ließ, stieß man in einem Raum auf besagte versiegelte Kiste. 1986 wurde die Schließfachanlage der Sparkasse erneuert und einige Schließfachinhalte konnten trotz Anstrengungen der Sparkasse nicht wieder ihren Besitzern zugeführt werden. Also hat man sie gesammelt und versiegelt.

Komm, wir finden einen Schatz…
Die Schatzkiste mit Familienerbstücken, altem Spielzeug, der Feldpost und Dokumenten. Foto: Sparkasse Celle.

Kunterbunte Fundstücke

Alte Briefe, Familienchroniken von 1914, kleine Geschenke und Gedichte fand Ilsedore Beckendorf. Und eben besagte Metallkiste, verschlossen und nur mit dem Hinweis „Landesbank Posen“ versehen. Nachdem die Kiste aufgebrochen war – ein passender Schlüssel fand sich nachher in der Metallkiste – förderte Ilsedore Beckendorf einen Haufen alter Bankunterlagen zutage, offensichtlich aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges.

Weitere Recherchen bestätigten: Es handelt sich um eine Kiste, die ein Flüchtlingstreck am 20. Januar 1945 aus Posen mit auf die Reise in den Westen genommen hatte. Neben einem Scheckbuch, das eine letzte Abbuchung am 20. Januar zeigt, fanden sich in der Kiste außerdem Schlüssel für alle Geschäftsstellen der „Landes und Girozentrale Wartheland, Posen“. Sieht man diesen Schlüsselberg, spürt man ganz deutlich die Hoffnung der Deutsche Flüchtlinge, nach dem Krieg in ihre Heimat zurückzukehren.

Finanzgeschäfte in den 40er Jahren

Viele weitere interessante Dinge gibt es in der Schatzkiste zu entdecken: ein altes Stempelset oder „Kraft-durch-Freude“-Sparmarken, die VW in Zusammenarbeit mit der NS-Regierung einführte. Jedem sollte es so ermöglicht werden, sich einen VW für 990 Reichsmark (umgerechnet ca. 4.000 Euro) zu kaufen. Doch so weit kam es nicht. Mit Beginn des Krieges wurde das durch die Aktion eingenommene Geld in Rüstungsgüter investiert – ohne, dass es die Bevölkerung mitbekam. Diese sammelte fleißig weiter: rund 280 Millionen Reichsmark kamen bis Ende des Krieges zusammen, doch keiner von Ihnen erhielt einen KdF-Wagen.

Außerdem lagen in der Kiste aus Posen jede Menge Abstimmungsnachweise von Nutztieren, als Sicherungsnachweis für die Kreditwürdigkeit der Besitzer. Frei nach dem Motto: „Sieh her, Sparkasse, mein Schwein Semiramis, geboren am 13. September 1942, (Eltern: Hanswurst und Ortrud) ist ein Klasseschwein und eine sichere Investition. Ich bin kreditwürdig!“

Rechtmäßige Bestimmung

Interessenten hat die Kiste auch schon: Der Heimatkreis Wollstein, ein Zusammenschluss aus der Deutschen aus dem Kreis Wollstein in der ehemaligen preußischen Provinz Posen - heute Großpolen (Wielkopolska). Hier treffen sich ehemalige Flüchtlinge und deren Angehörige zu regelmäßigen „Heimattreffen“, um die Erinnerung aufrecht zu erhalten.