Rechtsmäßigkeit der Startgutschriften rentenferner Jahrgänge

Stand: 18.12.2014

Das OLG Karlsruhe hat am 18. Dezember 2014 in 54 gegenüber der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder geführten Verfahren über die Rechtsmäßigkeit der Startgutschriften rentenferner Jahrgänge auf Basis des 5. Änderungstarifvertrages zum ATV-K im Zuge der Umstellung des Zusatzversorgungsrechts auf das Punktemodell entschieden.

Das OLG kommt zu dem Ergebnis, dass die im Jahre 2011 beschlossene Neuregelung der Tarifvertragsparteien zu den rentenfernen Startgutschriften die vom Bundesgerichtshof im Jahr 2007 festgestellte Ungleichbehandlung von rentenfernen Versicherten mit längerer Ausbildungsdauer nicht beseitigt. Eine Verpflichtung zur Zahlung einer höheren Betriebsrente hat der Senat allerdings nicht ausgesprochen.

Presserklärung des OLG Karlsruhe:

Die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) zahlt den Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes eine Zusatzrente. Durch Neufassung ihrer Satzung im Jahr 2002 hat die VBL nach einer entsprechenden Einigung der Tarifvertragsparteien ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31.12.2001 umgestellt. Das bis dahin geltende, an der Beamtenversorgung orientierte Modell der Gesamtversorgung wurde durch ein beitragsfinanziertes Punktemodell ersetzt. Die Satzungsänderung vom 22.11.2002 enthält Übergangsregelungen für die von den Versicherten bis zur Systemumstellung erlangten Rentenanwartschaften. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften übertragen.

Bereits die Satzungsänderung 2001 war von vielen Versicherten vor den Gerichten angegriffen worden. Mit Urteil vom 14.11.2007 – Az. IV ZR 74/06 – hat der Bundesgerichtshof die Systemumstellung an sich gebilligt, die Startgutschriftenregelung der VBLS für ca. 1,7 Millionen rentenferne Versicherten allerdings für unwirksam erklärt. Rentenfern sind nach der VBLS Versicherte, die am Stichtag der Systemumstellung, dem 31.12.2001, noch nicht 55 Jahre alt waren. Mit Rücksicht auf die grundgesetzlich geschützte Tarifautonomie hatte der Bundesgerichtshof es den Tarifvertragsparteien überlassen, eine verfassungskonforme Neuregelung für die Startgutschriften der rentenfernen Versicherten zu schaffen.

Die Tarifvertragsparteien einigten sich am 30.05.2011 auf eine tarifvertragliche Regelung, die von der VBL in ihre Satzung umgesetzt wurde. Demnach wird eine Vergleichsberechnung, die sich an der Regelung des § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG (Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung) orientiert, durchgeführt. Zu einer Erhöhung der Startgutschrift aufgrund dieser Vergleichsberechnung kommt es nach der neuen Satzung jedoch nur dann, wenn diese um mehr als 7,5 Prozentpunkte höher ist als der bisherige Wert. Auch diese Regelung hat eine Klagewelle vor den Zivilgerichten ausgelöst. So sind allein vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe über 400 Berufungsverfahren anhängig.

Der für Versicherungssachen zuständige 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat am 18.12.2014 zunächst in 54 Verfahren entschieden, dass auch die neue Regelung nicht verfassungskonform ist. Die vom Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2007 festgestellte Ungleichbehandlung von rentenfernen Versicherten mit längerer Ausbildungsdauer sei für eine Vielzahl von Versicherten nicht beseitigt worden. Eine Verpflichtung der VBL zur Zahlung einer höheren Betriebsrente hat der Senat nicht ausgesprochen. Im Hinblick auf die grundgesetzlich geschützte Tarifautonomie bleibt es Aufgabe der Tarifvertragsparteien, eine verfassungskonforme Regelung zu finden. Der Senat hat allerdings darauf hingewiesen, dass die Versicherten nach rechtskräftigem Abschluss der Verfahren eine erneute mehrjährige Prüfungsphase nicht hinnehmen müssten. Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof in allen 54 entschiedenen Fällen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 18.12.2014 - 12 U 104/14

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