E-Payment als Schlüsselkomponente kommunaler Digitalisierung

Warum die öffentliche Hand auf skalierbare Technologien setzen muss

28.06.2023 Wirtschaft

Zu Beginn der Corona-Pandemie gab es Mutmaßungen, dass die notwendigen Mobilitätseinschränkungen der Digitalisierung in Deutschland zu einem deutlichen Schub „verhelfen“ werden. So ist es auch gekommen. Der 2020 eigentlich schon veraltete Begriff des Web-Meetings erhielt ungekannte Relevanz. Anbieter von Home Office-Hardware kamen mit Lieferungen kaum noch hinterher und Kooperationstools und Cloudsoftware wurden für viele schnell Normalität. 

Ein Gastbeitrag von Michael Nitsche*

Die Vorhersagen waren richtig. Es gab in Deutschland einen Schub, vor allem bei den digitalen Kompetenzen in der Bevölkerung. Doch wo Kompetenzen bei Anwenderinnen und Anwendern steigen, werden Defizite auf der Angebotsseite deutlich. Nirgendwo war dies klarer als in der Digitalisierung der Verwaltung. Sichtbar wurde dies unter anderem im eGoverment MONITOR, einer Studie des Digitalisierungsnetzwerks Initiative D21, das jährlich und repräsentativ die Einstellung der Bevölkerung zu digitalen Angeboten des Staates misst. In der Ausgabe von 2021 sank die Zufriedenheit in der Bevölkerung demnach um 15 Prozentpunkte auf 47 Prozent und damit auf den niedrigsten Wert seit Messbeginn (siehe unten: Abbildung 1). 

Grafik zum eGovernment MONITOR 2021. Quelle: Initiative D21 e.V. (2021).
eGovernment MONITOR 2021. Quelle: Initiative D21 e.V. (2021).

Seitdem sind die zu geringen Fortschritte in der Verwaltungsdigitalisierung auch außerhalb der Fachöffentlichkeiten ein Thema. So zum Beispiel das Scheitern des Onlinezugangsgesetztes (Digitale Verwaltung: Keine schöne Bescherung | tagesschau.de) oder wegen Personalmangels geschlossene Ämter (Personalmangel: Sozialamt Neukölln schließt für zwei Wochen | rbb24). Hinzu kommen sich häufende Forderungen von kommunalen Spitzenverbänden nach einer Neuordnung kommunaler Aufgaben, da die Kommunen aufgrund von Vielfachkrisen, fehlenden Ressourcen und mangelnder Digitalisierung überlastetet seien ((Soziales - Stuttgart - Kommunen dringen auf "Abkehr von Vollkaskostaat" - Gesellschaft - SZ.de (sueddeutsche.de)).  

Grafik zum EGovernment Benchmark 2022. Quelle: Europäische Kommission (2022).
EGovernment Benchmark 2022. Quelle: Europäische Kommission (2022).

Es ist nicht so, dass unsere Verwaltungen nicht mehr funktionieren würden. Im Gegenteil: sind sie der Garant für Rechtstaatlichkeit. Nach dem Rule of Law Index des World Justice Projects belegt Deutschland weltweit Rang 6 innerhalb Vereinten Nationen, wenn es um die Einhaltung rechtstaatlicher Standards geht. Eine herausragende Leistung, die ohne Verwaltungen nicht denkbar ist. Allerdings belegen wir in der Digitalisierung unserer Verwaltung allein im europäischen Vergleich lediglich Rang 21 im E-Government Benchmark der Europäischen Kommission (siehe Abbildung 2 unten). 

Es ist klar, dass Digitalisierung keine optionale Modernisierungsmaßnahme ist. Digitalisierung ist die Grundvoraussetzung zum Erhalt der Leistungsfähigkeit von Verwaltungen, denn sie bedeutet moderne Zugänge zu Verwaltungsdienstleistungen für die Bevölkerung und die Wirtschaft. Sie erlaubt es auch, Prozesse zu automatisieren. Dies ist dringend notwendig, denn bereits heute sind 360.000 Stellen für Fachkräfte im öffentlichen Dienst offen, die wir absehbar nicht besetzen können und das noch vor dem Peak der Verrentung der Babyboomer-Jahrgänge (Deutschland fehlen Hunderttausende Fachkräfte im öffentlichen Dienst (faz.net)).

Wir haben also wenig Zeit, auf die großen Strukturreformen zu warten, auch wenn diese nötig sind. Um akut Veränderungen anzustoßen, sind schnelle Lösungen nötig, die Personal entlasten, Skalierungseffekte versprechen und uns Luft für große Reformen verschaffen. Ein Beispiel hierfür ist E-Payment. 

Zwei von drei Kontakten zwischen Verwaltungen und der Bevölkerung haben eine Gebührenkomponente. Eine Studie an der Universität Leipzig (Studie zur Digitalisierung in Kommunen - S-Public Services) ergab zudem kürzlich, dass bereits 81 Prozent der Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern E-Payment für mindestens einen Prozess anbieten. Allerdings ist der Anteil der Kommunen die zehn und mehr Prozesse anbieten deutlich niedriger. Dabei bedeutet E-Payment nicht nur einen zeitgemäßen Zugang zu gebührenpflichtigen Verwaltungsdienstleistungen. Es kann auch das Personal in Kommunalverwaltungen spürbar entlasten. Dieselbe Studie an der Universität Leipzig ermittelte, dass bereits mittelgroße Kommunen jährlich mindestens 186.000 €[1] an Personalkosten für das Management von Bargeld und eingehenden Überweisungen aufbringen müssen. Das entspricht mindestens 2,5 Vollzeitäquivalenten. In größeren Kommunen ist es sogar überproportional mehr.

E-Payment ist unumstritten eine Schlüsselkomponenten der Digitalisierung des öffentlichen Sektors, denn eine deutliche Mehrheit aller Verwaltungsprozesse ist mit Gebühren assoziiert. Diese zu digitalisieren, entspricht nicht nur der Erwartungshaltung der Bevölkerung. Es bedeutet Automatisierungspotenzial und damit spürbare Entlastungen für das zu wenig gewürdigte Personal in unseren Verwaltungen. E-Payment steht aber auch stellvertretend für Lösungen, die schnell verfügbar und skalierbar sind sowie deutliche Vorteile für die Bevölkerung als auch spürbare Entlastungen für Verwaltungen bieten. Dies sollte der Maßstab sein. 

* Über den Autor

Michael Nitsche ist Leiter Public Affairs der S-Public Services, der Kompetenzmarke für E-Payment im öffentlichen Sektor aus der DSV-Gruppe. Mit über 4000 Kunden in Kommunen, kommunalnahen Unternehmen sowie Ministerien und Einrichtungen auf Landes- und Bundesebene sind Sparkassen mithilfe der S-Public Services Marktführer für E-Payment für die öffentliche Hand.

1 Aktualisierter Wert nach TVÖD E9c (31.12.22-21.12.24).