Jahresergebnisse 2023 der niedersächsischen Sparkassen
Beim diesjährigen Jahrespressegespräch haben die niedersächsischen Sparkassen Haltung bezogen und positionieren sich
Das Jahr 2023 war geprägt von zahlreichen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüchen. In diesem Umfeld kamen die niedersächsischen Sparkassen ihrer Aufgabe gut nach, finanzielle Teilhabe für die Menschen und Prosperität für die Unternehmen in ihrer Region zu ermöglichen. Im Rahmen des Jahrespressegesprächs berichten Thomas Mang, Präsident des Sparkassenverbandes Niedersachsen, sowie Verbandsgeschäftsführer Guido Mönnecke über die Ergebnisse der niedersächsischen Sparkassen im Jahr 2023 und geben folgend einen Einblick zu den Haltungsfragen.
Geopolitische Lage wirkt auf Deutschland und Niedersachsen
Wir sehen uns weiterhin konfrontiert mit geopolitischen Konflikten in Nahost, in der Ukraine und anderen wie in China mit Taiwan und auch mit Nordkorea. Schwer abzusehen ist außerdem die weitere Entwicklung in den USA. Die Frage, die sich uns stellt: Wie werden sich die demokratischen Kräfte des Westens verhalten?
Wir erleben eine aufgeheizte Stimmung in der Bevölkerung in Europa sowie insbesondere in Deutschland. Als wichtiger Teil des Standortes Deutschland geht das natürlich nicht spurlos an der Sparkassen – Finanzgruppe vorbei. Uns beschäftigt deshalb, wie sich die Sparkassen in diesem Umfeld bewegen und Haltung zeigen können. Für uns Sparkassen gilt:
Wir lehnen jede Form des Extremismus, der Ausgrenzung und des Hasses entschieden ab. Deshalb stehen wir klar an der Seite der positiv denkenden Menschen in diesem Land. Auf der Seite der Menschen, die sich für unser Gemeinwesen einsetzen, für Ausgleich, für Respekt und für die Werte unseres Grundgesetzes. Das ist die übergroße, bisher schweigende Mehrheit aus der Mitte der Gesellschaft, die sich jetzt immer öfter laut und deutlich zu Wort meldet. Das sind die Menschen, die unser Land tragen. Sparkassen bringen diese Entschlossenheit deutlich zum Ausdruck – gerade jetzt. Sparkassen setzen sich seit jeher für das Gemeinwesen ein, gewährleisten finanzielle Teilhabe für alle Menschen und dabei bleiben die Sparkassen stets parteipolitisch unabhängig. Die Sparkassenidee ist bald 250 Jahre alt und basiert auf dem Wunsch, möglichst vielen Menschen wirtschaftliche und damit soziale Teilhabe zu ermöglichen. Das steht schon in unseren Gründungssatzungen. Aber Teilhabe eben nicht durch staatliche Leistungen oder Fürsorge, sondern durch wirksame Hilfe zur Selbsthilfe.
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Bezogen auf die Wirtschaft in Deutschland zeigt sich ein differenziertes Bild, aber mit der klaren Erkenntnis, dass Steuern sowie Abgaben im internationalen Vergleich zu hoch sind und die Bürokratie strangulierend wirkt. Das wird ja auch von der Bundesregierung mittlerweile akzeptiert. Unterschiedliche Auffassungen gibt es allerdings über die Maßnahmen. Wir haben den Eindruck, dass die bisherigen Säulen des Standortes Deutschland nicht mehr uneingeschränkt tragfähig sind. Stichworte sind hier politische Unsicherheiten, eine seit langer Zeit vernachlässigte Infrastruktur sowie hohe bzw. unsichere Energiepreise. Und wir stellen fest, dass unser Nimbus als Industrienation und Exportweltmeister kräftig leidet.
Was hat uns bisher stark gemacht:
- politische Stabilität
- Zuverlässigkeit
- herausragende Infrastruktur
- bestens ausgebildete und ausreichende Arbeitskräfte
- Innovations- und Technologieführerschaft
Dieses war ein gutes Korrektiv für den Hochsteuer- und Abgabenstandort Deutschland. Wenn dieses Korrektiv nun nicht mehr funktioniert, ist das für uns fatal. Was ist aber nun der richtige Weg? Ein Mehr an Schulden für Investitionen? Ein Mehr an Schulden für Subventionen? Eine Mischung von beidem? Oder doch lieber wieder marktwirtschaftliche Kräfte stärker wirken lassen? Und dies alles vor dem Hintergrund, dass die Wirtschaft schrumpft, bestenfalls stagniert.
Industriestandort, Investitionen, Arbeitskräftemangel
Die Industrieproduktion in Deutschland ist in den vergangenen acht Jahren um rund 3 Prozent zurückgegangen, wohin sie gleichzeitig in Europa um 9 Prozent gestiegen ist. Jetzt erleben wir, obwohl niemand es so recht wahrhaben will, eine schleichende bis spürbare Deindustrialisierung, einhergehend mit absehbaren Wohlstandsverlusten für Deutschland. Industrieunternehmen wie Conti, ZF oder Bosch bauen massiv Arbeitsplätze ab oder verlagern sie. Auch der Mittelstand ist hiervon betroffen. Das jüngste ifo Gutachten macht zudem deutlich: Es wird nicht nur zu wenig, sondern auch zu kurz gearbeitet.
Darüber hinaus ist der Abstand zwischen Transferleistungen und Entlohnung fast nicht vorhanden. Kurzum: Es sind zu wenig Anreize vorhanden, zu arbeiten. Zudem erstickt in Deutschland eine massive Überregulierung jeglichen Handlungsimpuls für Investitionen, was für die deutschen Unternehmen wichtig wäre, um beispielsweise kraftvoll in die Bewältigung des Klimawandels oder in die Digitalisierung zu investieren.
Die Frage ist, wie es uns in Deutschland gelingt, die Stimmung zu verbessern, ein positives Klima für Investitionen zu schaffen, privates Kapital zu mobilisieren und damit die wirtschaftliche Entwicklung mit marktwirtschaftlichen Kräften wieder anzukurbeln.
Aus unserer Sicht war der Antritt von Herrn Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, mit einem Transformations- und Infrastrukturfonds eine gute Handlungsempfehlung, um hier voranzukommen. Zudem könnte der Streit darüber in der Bundesregierung zumindest vorübergehend befriedet werden. Zusätzlich wäre es aber dringend erforderlich, klar und entschlossen die Entbürokratisierung voranzutreiben und für ein angemessenes Niveau bei Steuern und Abgaben zu sorgen, um die gravierenden Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft zu lindern.
Die kreditwirtschaftlichen Verbände, insbesondere wir Sparkassen, haben dies mit Blick auf unsere Kundinnen und Kunden sowie auch aus eigener Betroffenheit immer wieder angemahnt. In einer so noch nie erlebten Einmütigkeit und Klarheit kommen jetzt auch die Wirtschaftsverbände und der Mittelstand mit diesen Aussagen. Was ist nun schlechter? Die Lage oder die Stimmung? Die Frage ist zwar spannend. Aber eigentlich ist es egal, wie die Antwort lautet. Es ist klar, dass es so nicht weitergehen kann.
Bemerkenswert ist, dass wir noch nie eine so klare Positionierung namhafter Wirtschaftsverbände erlebt haben. Wir stellen zudem fest, dass Arbeitskräfte an allen Ecken und Enden fehlen. Bis 2030 werden es weitere 4 Millionen sein. Dieses ist eine quantitative und qualitative Notlage, für die es momentan keine eindeutige Lösung gibt.
Weder funktioniert die geordnete Zuwanderung in Arbeit noch die Aus- und Weiterbildung in der Breite und auf höchstem Niveau. Wir beobachten bei unseren mittelständischen Kunden ähnliche Handlungen, wie bei den Großunternehmen beschrieben. Leider wird darüber gar nicht oder wenig geschrieben. Fast noch schlimmer ist die stillschweigende Schließung vieler kleiner und mittelständischer Betriebe, weil es an Arbeitskräften, Perspektive oder einer geeigneten Nachfolge fehlt.
Der deutsche Mittelstand
Wir haben in unserer „Diagnose Mittelstand 2023“ mittelständische Unternehmen befragt, welches die besonderen Probleme sind. Der deutsche Mittelstand ist robust und innovationsfreudig, aber viele Unternehmerinnen und Unternehmer fühlen sich ausgebremst. Sie würden gern in energieeffiziente Produktion investieren, die Digitalisierung anschieben, nach den langen Krisenjahren neu durchstarten. Aber die Hürden sind oftmals zu hoch. Vor allem die überbordende Bürokratie und der Fachkräftemangel, aber auch die hohen Energie- und Lohnkosten werden als Investitionshemmnisse angesehen. Dabei sind Planungssicherheit und damit Vertrauen in den Standort elementare Bedingungen für Investitionen und Wirtschaftswachstum in unserem Lande. Politik, die von Ideologien geprägt ist, überzeugt kein Unternehmen, Investitionen zu tätigen.
Diesen Blick auf die Dinge will ich so nicht allein im Raum stehen lassen. Was ist also gut? Wo gibt es Anlass zu Hoffnung? Die Eigenkapitalsituation im Mittelstand ist nach wie vor sehr gut. Nur in wenigen Branchen gibt es Ausnahmen. Es gibt eine gute technologische Ausgangslage in den Betrieben, obwohl die Technologieführerschaft zu schwinden scheint und es gibt hoch motivierte und treue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie einen guten, wenn auch noch steigerungsfähigen, Digitalisierungsgrad.
Wenn es uns gelingt, in Deutschland das Vertrauen in den eigenen Standort wieder herzustellen, ist uns um den Mittelstand nicht bange. Der Mittelstand ist unsere Kernkundschaft und Sparkassen selbst sind mittelständische Betriebe. Aber auch wir sind drastisch überreguliert, was für die Weiterentwicklung durchaus schädlich ist. Denn: Je mehr unsere Branche überreguliert ist, desto weniger kann sie ihrer Aufgabe nachkommen. Faktisch gibt es die vielzitierte Proportionalität bei der Regulierung nicht, obwohl wir das seit Jahren hören. Die BaFin setzt die europäischen, einheitlichen Standards brav für alle um. Wir halten fest: Die Proportionalität kommt bei unseren Sparkassen nicht an.
Wir sehen das wie BaFin Chef Branson, dass die Regulierung lediglich den Beratungsgesellschaften die Taschen voll macht. Ich nenne hier in diesem Zusammenhang nur einige wenige Aspekte. Ich habe Sorge, dass Sparkassen und auch Genossenschaftsbanken dem bürokratischen und regulatorischen Druck nicht mehr alle standhalten können und damit in größere Einheiten gedrängt werden. Die Konsolidierung der vergangenen Jahre ist aus unserer Sicht sehr stark auf die Regulatorik zurückzuführen.
Nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten
In den Feldern Taxonomie sowie Transformation sehen sich die Sparkassen einer Schraubzwingen - Politik der Aufsichtsbehörden ausgesetzt. Dort möchten die Aufsichtsbehörden nur eine Reinform belohnen, aber nicht den Weg dorthin. Da fühlt man sich an den Dogmatismus so mancher NGO erinnert.
Ich habe ernsthafte Zweifel, dass auf dieser Grundlage das Ziel, Nachhaltigkeit zu finanzieren, erreicht werden kann. Hier muss aus unserer Sicht ganz eindeutig umgesteuert werden, um unsere Wirtschaftsstrukturen in Deutschland nicht weiter zu schädigen. Diese Kraft sollten wir haben.
Ein wesentliches Chancenfeld liegt nämlich, wenn man es richtig angeht, in der Transformation unserer Wirtschaft. Allerdings nur, wenn wir uns auf die Grundprinzipien der sozialen Marktwirtschaft und die darin liegenden Anreizwirkungen zurückbesinnen.
Positiv ist, dass wir mittlerweile die Phase zweistelliger Inflationsraten überwunden haben. Die geldpolitische Straffung wirkt. Das ist vorteilhaft, wenn es nachhaltig bleibt.
Für die Sparerinnen und Sparer läuft es allerdings bestenfalls auf eine ausgeglichene Realverzinsung hinaus. Wenn sich die Anlegerinnen und Anleger an der Realwirtschaft beteiligen wollen, bieten sich prinzipiell gute Chancen, allerdings nur mit Vertrauen auf die zukünftige Entwicklung. Was auch wichtig wäre, um die Spargelder der privaten Kundschaft zu mobilisieren.
Weitere Informationen zu den Jahresergebnissen 2023 der niedersächsischen Sparkassen finden Sie hier: Finanzen | SVN (sparkasse.de)